Steiermark

9.3.2024

nun auch im öffentlichen Raum – am Franziskanerplatz in Graz

Ein Wurfspiel, bei dem jede:r nur verlieren kann. Fällt eine Säule der Demokratie bringt das Nachteile, für Frauen* insbesonders. Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es, um die Demokratie zu stärken und erworbene Rechte zB Frauenrechte zu verteidigen? Redet mit den OMAS GEGEN RECHTS!


8.3.2024

Lange Nacht im Schauspielhaus Graz

Die Säulen der Demokratie – ein Wurfspiel der OMAS GEGEN RECHTS – bei dem frau nur verlieren kann


8.3.2024

Demo zum internationalen feministischen Kampftag in Graz

Und die OMAS GEGEN RECHTS mitten drin


Newsletter Steiermark

Sonder Newsletter August  2023

Frauen in Afghanistan

Rechte von Frauen?
Es gibt keine in Afghanistan, kein Recht auf Bildung, kein Recht auf Arbeit, kein Recht auf Selbstbestimmung.
Widerstand dagegen ist nicht möglich, und es gibt auch keine Chancen sich dem System zu entziehen, denn die Flucht ins Ausland ist voller unüberwindlicher Hindernisse. Wir bekommen Berichte über Entführungen, Folterungen, Zwangsverheiratungen und Vergewaltigungen.

All das ist unvorstellbar und nicht zu akzeptieren
Die OMAS GEGEN RECHTS wollen dazu beitragen, dass die Lage der Frauen in Afghanistan nicht in Vergessenheit gerät und wir wollen auf die Möglichkeiten zur Unterstützung hinweisen.


Mag.Masomah Regl

„Die Mädchen und  Frauen in Afghanistan sind extrem stark und lassen sich nicht unterkriegen.“

Mag.Masomah Regl stammt aus Kabul. 1993 wurde sie während des Bürgerkrieges als sechsjähriges Mädchen bei einem Raketenanschlag sehr  schwer verletzt. Die  Hilfsorganisation Hammer- Forum brachte sie nach Deutschland, wo  ihr das rechte Bein bis zum Oberschenkel amputiert werden musste. In der Folge wurde sie von einer Familie in Oberösterreich adoptiert und  kam dann zum Dolmetschstudium nach Graz.Seit einem Jahr arbeitet sie als Referentin für Integrationsthemen in Graz bei Stadtrat Mag.Robert Krotzer und ist Ansprechspartnerin für alle Menschen mit Fragen zur Integration und für Vereine, die von der Stadt Graz bei Integrationsprojekten unterstützt werden.Mit ihrer Herkunftsfamilie in Afghanistan hat  sie ständig Kontakt:
„ Die Situation in Afghanistan ist allgemein sehr trist, es gibt kaum Hoffnung. Die Menschen haben keine Arbeit, leben in großer Armut, das Privatleben ist eingeschränkt. Früher gab es ein Ausbrechen aus dem Alltag: in den Basar gehen, sich mit Freundinnen treffen, all das fällt weg. Es bleibt nur der Alltag zu Hause mit den Kindern, einem Mann, der keinen Job hat und aggressiv ist.“
Die Taliban verbieten Mädchen den Schulbesuch ab dem 12 Lebensjahr und ein Universitätsstudium.
Eine Freundin von Mag.Masomah Regl ist engagierte Lehrerin und erhält mit ihrem Einkommen die ganze Familie.Sie hat in der Schule Mädchen und Knaben gemeinsam unterrichtet. Das wurde von den Taliban nach der Machtübernahme verboten, die Schule war monatelang geschlossen.
„ Sie hatte große Schwierigkeiten und Angst eingesperrt zu werden.Es gibt Drohungen gegen sie und Kontrollbesuche.Sie muss Zahlungen leisten, damit sie die Schule weiterführen kann. Die Taliban nehmen sich, was sie wollen, weil die Leute Angst haben.“  

Das Verbot weiterführende Schulen und die Universität besuchen zu können führt bei den Frauen zu großer Hoffnungslosigkeit. Denn vorher hatten sie die Perspektive mit einer qualifizierten Berufsausbildung einen guten Job zu bekommen, die wirtschaftliche Situation zu verbessern und auch: „ dass man als Person, als Mensch wahrgenommen wird.Diese Hoffnung gibt es nicht mehr.“
Für die Frauen am Land war das Leben auch vor den Taliban streng reglementiert. Das Leben war  mit früher Heirat, Kinder aufziehen,  Haushaltsführung strikt vorgegeben und es hat sich daher nicht so viel geändert wie in den Städten, wo die Frauen die Möglichkeiten hatten, etwas an dieser Tradition zu ändern.
Afghanistan hat ca.42 Millionen Einwohner:innen. Nach Angaben der UNICEF  bedürfen etwa 28 Millionen humanitärer Hilfe. 6 Millionen sind von Hunger bedroht.
„Es gibt keine staatliche Unterstützung, sondern die Familie unterstützt sich gegenseitig  und  der Islam hat Regeln,dass man an bestimmten Feiertagen Essen spenden muss. Solche Strategien gibt es, doch der Hauptfaktor ist die Familie.“
Mag.Masomah Regl wünscht sich, dass man im Blick behält:“ Die Situation ist  schwierig und aussichtslos , aber die  Menschen wollen nichts  anderes  als in Frieden zu leben und frei zu sein, obwohl die Kultur sehr strenge Regeln hat.Jede Mutter, jeder Vater wünscht sich, dass die Kinder in Frieden und Freiheit leben und nicht Generation um Generation Kriegserfahrung machen muss.“
Für sie ist es wichtig, dass die Frauen in Afghanistan nicht nur als Opfer der Umstände unter denen sie leben müssen, wahrgenommen werden.“Es  sind extrem starke Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen, die Resilienz,  kulturellen Reichtum und  Lebensmut haben. Nur die Umstände machen es so schwer in diesem  System aufzublühen.“
2018 hat Mag.Masomah Regl den Verein für interkulturellen Dialog „Five Stones“ mitgegründet. Sein Ziel: Das Zusammenleben von Einheimischen und Migrant:innen zu fördern.Zum Programm gehören Weiterbildungskurse,sportliche und kulturelle Veranstaltungen.
Der Titel des Vereins bezieht sich auf ein afghanisches Kinderspiel mit  5 Steinen. Diese symbolisieren Toleranz, Kreativität, Engagement, Authentizität und Empathie.
Der Verein hat die Adresse  Graz Babenbergerstraße 21 . Unterstützung für die ehrenamtlich durchgeführten Projekte ist erbeten. 

Five Stones,
Steiermärkische Bank
IBAN: AT13 2081 5000 4258 6685

Gestaltung Gudrun Gröbelbauer

Fatema Hamidi

„Afghanistan ist vergessen worden „
 

Es ist eine persönliche Erfolgsgeschichte, die Fatema schildert, aber  diese Geschichte ist immer durchmischt mit der Trauer über die Zustände im Herkunftsland.
 Die Perspektiven waren für Fatema bei ihrer Geburt in mehrfacher Hinsicht mehr als schlecht. Sie wurde Ende des letzten Jahrhunderts in einem zerrissenen Land geboren, in dem Mädchen keine Bedeutung haben, ihre Familie gehört zu den Hazara, und sie war gehörlos:

  • Afghanistan war jahrhundertelang von Bürgerkriegen geprägt und ständiger Spielball verschiedener nationaler und internationaler Machtinteressen. Fatema erzählt, dass ihr Papa nur ein Leben im Krieg kennt.
  • Frauen hatten traditionell schlechte Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben. Verschiedene afghanische Machthaber versuchten zwar die Situation von Mädchen und Frauen zu verbessern, diese Reformen erreichten aber nicht alle. Die Mutter von Fatema hat nie lesen und schreiben gelernt.
  • Die Hazara sind die größte ethnische Minderheit in Afghanistan. Da sie aber Schiiten sind, sind sie immer wieder massiven Repressionen ausgeliefert.
  • Dann ist da noch die Gehörlosigkeit. Behinderung wird in vielen Kulturen verdrängt. Fatemas Gehörlosigkeit wurde zudem lange nicht bemerkt und als Schüchternheit interpretiert. Als die Gehörlosigkeit erkannt wurde, gab es weder schulische noch medizinische Unterstützung.

Das Blatt wendete sich für Fatema, als die Familie nach Österreich kam. Zuerst war es ein Kulturschock für Fatema. Das neue Land war verwirrend, hatte ganz andere Lebensweisen und ganz andere Regeln, als sie es gewohnt war. Dieses neue Land riecht sogar anders, Österreich riecht frisch und grün, Afghanistan riecht trocken und staubig.
Fatema konnte die VS Rosenberg besuchen und traf auf Menschen, die sich ihrer besonderen Bedürfnisse annahmen und gleichzeitig  ihr Potential erkannten und förderten. Eine davon war Frau Schönberger die Fatema von Anfang an begleitete. Fatema lernte Deutsch, die Gebärdensprache.  Bald zeigte sich auch ihre besondere  kreative Begabung. Unser Schulsystem hätte ein Hindernis sein können. Aber Fatema fand auch in der Ortweinschule unterstützende Menschen, die ihr ermöglichten, ihre Talent zu entwickeln und zu präsentieren. Heute arbeitet Fatema als Goldschmiedin bei der Firma Feichtinger.
Ihr Traum ist ein eigenes Atelier im Haus der Familie. Die Eltern sind stolz auf das, was Fatema erreicht hat. Trotzdem ist das Leben in der Familie noch sehr traditionell, Traditionen wurden aus dem Herkunftsland mitgenommen.
Der Kontakt zu Familienmitgliedern, die in Afghanistan verblieben sind, ist schwierig bis unmöglich. Die Verlobte des älteren Bruders bekommt keine Ausreisegenehmigung, weil Frauen das Land nicht verlassen dürfen. Andere Verwandte haben es bis Pakistan geschafft, sitzen dort fest.
 „Das ist Steinzeit“, meint Fatema, die sich in den verschiedensten Medien über Afghanistan informiert. „Die Frauen sind aus der Öffentlichkeit verschwunden. Ohne Korruption geht in diesem Land gar nichts mehr. Der Mohnanbau, also der Drogenhandel, ist ein Riesenproblem, denn die Bauern leben davon.“ So bringt Fatema nur einige der Probleme des Landes auf den Punkt.
Aber Fatema erinnert auch an die kleinen Wunder. Sie bewundert die Frauen, die heimlich Mädchen unterrichten. “Wie schaffen die das?“ fragt sie sich. Sie ist auch froh über Prominente wie die Sängerin Aryana, die im Exil lebt, durch ihre Interviews immer wieder auf die Situation der Frauen in Afghanistan hinweist und mit ihrer Musik tröstet.
Fatema ist voller Dankbarkeit für die Möglichkeiten, die ihr in Österreich geboten wurden. Sie hat so lange gespart, bis sie sich die österreichische Staatsbürgerschaft leisten konnte.
Ich bin dankbar für das Gespräch, aus Fatemas Geschichte können wir viel lernen.

von Barbara Kaspar unter Vermittlung durch die Gebärdendolmetscherin Frau Schönberger


Laura Leyser Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen in Österreich

“ Wir legen einen starken Fokus auf die Betreuung von Kindern und Frauen „

Die Taliban verboten nach ihrer  Machtübernahme   in Afghanistan im August 2021  die Beschäftigung von Frauen bei allen Hilfsorganisationen mit Ausnahme der Gesundheitsfürsorge. Die meisten Hilfsprojekte wurden daraufhin eingestellt. Als eine der wenigen ist die internationale Hilfsorganisation „ Ärzte ohne Grenzen“  nach wie vor in Afghanistan tätig, wo sie seit 1980 –   mit zwei Unterbrechungen nach Anschlägen – kostenlos Menschen in Not humanitäre und medizinische Hilfe leistet.
Laura Leyser, Geschäftsführerin von „ Ärzte ohne Grenzen“ in Österreich:
“ Wir legen einen starken Fokus auf die Betreuung von Frauen und Kindern.“ Dazu gehören Schwangerschaftsbetreuung, Geburtshilfe und die Versorgung kranker Säuglinge und Kinder .Darüber hinaus  auch Notfallchirurgie, medizinische Hilfe für Verletzte, Traumabehandlung, Impfen, und die Versorgung von Tuberkulose- und Covidpatient:innen.
Seit der Machtübernahme der Taliban und den darauffolgenden Sanktionen der internationalen Gemeinschaft, herrscht in Afghanistan eine große humanitäre und wirtschaftliche Krise. Diese wird durch Naturkatastrophen wie Erdbeben und Überschwemmungen verstärkt.Die Folge der steigenden Armut sind Mangelernährung und Krankheiten:
„Wir haben viele Fälle von Frauen, die keine Milch mehr für die Kinder produzieren, schon nach ein paar Wochen mit Tee füttern, was von der Nahrhaftigkeit her und durch das verunreinigte Wasser ein Problem ist.“
Daher führen „Ärzte ohne Grenzen“ sowohl ambulante als auch stationäre Ernährungzentren.
Das staatliche Gesundheitssystem ist am Zusammenbrechen. Durch die Wirtschaftskrise kommen immer mehr Menschen, die früher privatärztlich behandelt wurden in die öffentlichen Gesundheitszentren, Diese sind in einigen Gebieten schon überfüllt und oft ist das Spital der Hilfsorganisation das Einzige vor Ort. „Ärzte ohne Grenzen“ arbeitet hauptsächlich in den Städten Kabul, Helmand, Herat, Chost, Kundus, Paktika und Kandahar, da die Sicherheitslage im ländlichen Raum häufig nicht gegeben ist. Das bedeutet, dass die ländliche Bevölkerung   (74 Prozent der Bevölkerung leben am Land)   für  die  medizinische Versorgung  meist in eine Stadt fahren  muß.
Leyser: „ Oft ist es zu gefährlich und zu teuer. Frauen dürfen nicht allein reisen, sondern brauchen einen männlichen Begleiter aus der Familie, was noch schwieriger ist, weil man die Transportkosten für die 2.Person hat. Dadurch kommt es zu einer Verschärfung der Situation.“
Die Hilfsorganisation beschäftigt in Afghanistan 2300 Mitarbeiter:innen. Ca.2000 sind Afghan:innen.
„Die systematische Unterdrückung der Frauen macht uns große Sorgen.Wir haben jetzt schon große Probleme Gynäkologinnen zu finden. Wenn man jetzt sagt, dass Frauen nicht mehr in die Schule gehen dürfen, heißt das, dass wir bald immer weniger Ärzt:innen haben. Frauen dürfen oft nur von Frauen behandelt werden, vor allem im gynäkologischen Bereich.Die Taliban schaffen ein System, bei dem man die Hälfte der Bevölkerung nicht mehr behandeln darf. Die Mütter und Kindersterblichkeit steigt und gleichzeitig haben wir die Herausforderung weibliches Personal zu finden.“
 Auf den einheimischen Mitarbeiterinnen lastet ein ungeheurer Druck. Oft sind sie die Einzigen in der Familie, die ein geregeltes Einkommen haben und sie wissen nicht wie lange sie noch arbeiten dürfen. Häufig  wird Ihnen der Zugang zur Arbeit durch Kontrollen und Schikanen  erschwert.
2020 wurden bei einem Anschlag auf eine Geburtenstation in Kabul 24 Menschen, darunter 16 gebärende Mütter und 1 Hebamme getötet.Immer wieder kommt es zu Anschlägen auf Einrichtungen der „Ärzte ohne Grenzen“ in Afghanistan.
„ Wir sind als Organisation unabhängig, unparteiisch und neutral.Das heißt,wir helfen wirklich allen. Das wird dort, wo Konflikte sind von manchen nicht gerne gesehen und wir werden leider zu einem Angriffsziel.Wir haben eine „no weapon“ Politik und keine bewaffneten Sicherheitskräfte. Die Sicherheit wird durch Akzeptanz und Dialog mit allen Gruppen angestrebt.“
„ Ärzte ohne Grenzen“ wollen sowohl humanitäre Hilfe leisten als auch Zeugenschaft ablegen, damit die Menschen vor Ort nicht vergessen werden.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/artikel/afghanistan-aerzte-ohne-grenzen-weiterhin-mit-gemischten-teams-im-einsatz

Spendenkonto: Erste Bank
IBAN: AT43  2011 1289 2684 7600
BIC: GIBAATWWXXX

Gudrun Gröbelbauer

Amnesty International fordert für afghanische Mädchen und Frauen Asyl in Oesterreich

Sie sterben einen langsamen Tod –

das ist die Situation von Frauen in Afghanistan

„Die Einschränkungen der Frauenrechte, der Medienfreiheit und des Rechts  auf freie Meinungsäußerung nahmen 2022 exponentiell zu.Institutionen, die sich für die Menschenrechte einsetzten ,wurden massiv behindert oder ganz geschlossen. Friedlich Protestierende wurden willkürlich festgenommen, gefoltert und Opfer des Verschwindenlassens.“ Dieses Zitat stammt aus dem Amnesty International Afghanistan Report 2022/23.
https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/afghanistan-2022
Viele Familien beschnitten die Rechte von Frauen und Mädchen von sich aus, weil sie Repressalien der Taliban fürchteten.Diese hatten angekündigt männliche Familienmitglieder für Verstöße ihrer weiblichen Verwandten zur Verantwortung zu ziehen. Die Umwandlung des früheren Rechtssystem durch die Taliban in das islamische Scharia Rechtssystem hatte gravierende Folgen.Für Opfer der zunehmenden häuslichen Gewalt und Zwangsverheiratungen gab es keine Anlaufstellen mehr. Staatsanwaltschaften und Gerichte, die zuvor für Ermittlung und Strafverfolgung von geschlechtsspezifischer Gewalt zuständig waren, blieben geschlossen.  Frauen, die häusliche Gewalt anzeigten, wurden von den Taliban Behörden und den lokalen Schlichtungsgremien bestraft.
Nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und der Internationalen Juristenkommission könnten die Einschränkungen der Rechte der Mädchen und Frauen durch die Taliban eine geschlechtsspezifische Verfolgung und damit ein Verbrechen  gegen die Menschlichkeit sein. Sie fordern daher vom Internationalen Gerichtshof eine einschlägige Untersuchung.
Amnesty International hat ein Soforthilfeprogramm für Einzelne und Gruppen in Afghanistan, die in ihren Rechten verletzt sind und deren Leben bedroht ist.
Dieses  Human Rights Relief Programm hilft insbesonders akut gefährdeten Frauen in Afghanistan. Je nach Bedarf durch finanzielle Hilfe, für
temporäre Umsiedlung, Schutzmaßnahmen, Rechtshilfe
medizinische und psychologische Betreuung.

Spendenkonto:: Amnesty International
AT14 2011 1000 0031 6326
Verwendungszweck: 2023-B230
Human Rights Relief Programm Afghanistan
https://www.amnesty.at/human-rights-relief/

Die Taliban dulden keinen Protest.Wer sich nicht an ihre Regeln hält, wird streng bestraft. Menschen im Visier der Taliban sind in Lebensgefahr.Dazu gehören auch Menschen, die im journalistischen oder humanitären Bereich arbeiten.
Amnesty International fordert daher in einer Petition an Innenmimister Gerhard Karner und Außenminister Alexander Schallenberg u.a.die Einrichtung eines humanitären Aufnahmeprogramms für besonders schutzbedürftige Menschen, schnelle und unbürokratische Familienzusammenführungen sowie die Zuerkennung von Asyl für Frauen und Mädchen aus Afghanistan.

Gudrun Gröbelbauer


Aviso Ausstellung – Erinnerungen an Afghanistan

Vernissage: Mittwoch , 6. September 2023 ,15 Uhr
Ort : Park gegenüber dem Operncafe
bei jedem Wetter

Bei einem von den OMAS GEGEN RECHTS organisierten Workshop erinnerten sich Afghaninnen, die in Graz leben, an ihr Herkunftsland. Unter der Leitung von Monika Schönbacher – Frischenschlager gestalteten sie diese Erinnerungen mit Bild, Handarbeit und Text. Diese kreativen Arbeiten werden an Bäumen präsentiert werden.
 

Vernissage: Mittwoch, 6.9.2023 um 15 Uhr

Ort: 8010 Graz Kleiner Park zwischen Gleisdorfer Gasse und Opernring gegenüber dem Operncafe


Der Tag wird kommen

Schwester,
der Tag wird kommen, da werden wir fliegen – du und ich,
über die stolzen Berge unseres Landes.

Ein Tag wird kommen, da werden die Türen nicht mehr verschlossen sein.
Und sich verlieben – das ist dann kein Verbrechen mehr.

Du und ich, wir werden unsere Haare fliegen lassen,
rote Kleider werden wir tragen
und die Vögel unserer weiten Wüsten
werden berauscht sein
von unserem Lachen.

Tanzen werden wir zwischen den roten Tulpen von Mazar
in Erinnerung an Rabia*.

Der Tag ist nicht mehr weit.
Vielleicht ist er nur eben um die Ecke.
Vielleicht wohnt er in unserer Poesie.

von Hosnia Mohseni

Deutsche Nachdichtung von Susanne Brandt
Free women Writers


Afghanistan: eine kurze Geschichte des Landes

In Afghanistan trafen im 19. Jahrhundert russische und britische Kolonialinteressen aufeinander. Drei grausame Kolonialkriege führte Großbritannien gegen das Land, bevor es 1919 nach einer militärischen Niederlage Afghanistan als unabhängigen und souveränen Staat anerkennen musste. Seit dem Beginn des 20. Jh. gibt es wiederholt Phasen liberaler Politik hinsichtlich der Frauenrechte. Genauso regelmäßig gibt es immer wieder reaktionäre Kräfte, die alle Errungenschaften zunichte machen. Dabei spielen die grundsätzlichen Menschenrechte die zentrale Rolle für Frauen.

Nadir Schah (1930-1933) führte vorsichtig um die konservativen Stammesführer friedlich zu halten – wieder erste Reformen für Frauen ein und öffnete wieder einige Mädchenschulen. In den 40 Jahren der Herrschaft von Mohammed Zahir Schah (1933-1973) durften Mädchen wieder die Schule besuchen. Ein Hohes Fraueninstitut wurde von Afghaninnen gegründet, um Frauen zu organisieren, alphabetisieren, auszubilden und aufzuklären. Zu den ersten Parlamentswahlen 1949 erhielten Frauen wie Männer das Wahlrecht. Es wurde in den 1960/1970ern eine offene Form des Islam gelebt. Frauen konnten in Kabul (getrennt von den Männern) studieren, konnten Ausbildungen zur Krankenschwester oder Lehrerin absolvieren. Es gab eine erste Gesundheitsministerin, das Hohe Fraueninstitut wurde als Frauenvereinigung in das Ministerium für Arbeit und Soziales eingegliedert. Modernisierung und Reformen für Frauen prägten die frühen 1970er Jahre.

Mit zunehmender Demokratisierung aber nahm des Stadt-Landgefälle zu, besonders Kabul und Herat galten als sehr liberale Städte im Gegensatz zum unveränderten patriarchalen, stammesorientierten, bäuerlichen Land. 1972 gab es eine verheerende Dürreperiode, die den Unmut der Bauern gegen die Zentralregierung schürte und in einem Militärputsch (von sowjetisch orientierten Offizieren) und dann im Bürgerkrieg mündete. 1979 marschierte die sowjetische Armee ein. Nun wurde Frauenemanzipation staatlich gefördert und ein lückenloses Bildungsnetz in Kabul geschaffen. Es gab viele Jahre eine Frau im Revolutionsrat, auch eine Ministerin für Soziales, und einen Allgemeinen Frauenrat, der zur Frauenförderung hauptsächlich Bildungs- und Ausbildungsangebote bereitstellte. Frauen erlebten diese Zeit als die liberalste Zeit ihres Landes, allerdings fast ausschließlich in den Städten. Andersdenkende aber wurden verfolgt und waren extremen Repressionen ausgesetzt, wie Meena Keshwar Kamal, die zwanzigjährig die Revolutionäre Vereinigung der Frauen Afghanistans gründete und sich kritisch gegenüber der Regierung äußerte. 1987 wurde sie im Exil in Pakistan vom afghanischen Geheimdienst ermordet.

1989 verließ die Sowjetarmee Afghanistan und ein grausamer Bürgerkrieg bekam freie Bahn. Die Amerikaner förderten in den 1980ern – gegen die Okkupation der Sowjets, es herrschte kalter Krieg – militärisch und organisatorisch zuerst die afghanischen Mudschahedin, später dann gegen diese die Taliban. Beide sind grausame, gewalttätige, aggressive, frauenverachtende Männergesellschaften, die in der Zeit von 1989 bis 2001 die Menschen/Frauen in Afghanistan terrorisierten und das Land zerstörten. 1996 eroberten die Taliban Kabul und beherrschen das Land mit Grausamkeit und Terror gegenüber der Zivilbevölkerung, vor allem aber mit Unmenschlichkeit gegenüber Frauen. Die Suizide der Afghaninnen nahmen zu. Es herrschte bittere Not. Nur Bilder von öffentlichen Schau-Erschießungen im Fußballstadion der Hauptstadt erreichten die westliche Berichterstattung. Aber sonst gab es keine internationale Aufmerksamkeit mehr und das Land war isoliert.

2001 besiegte das Nato Bündnis, angeführt von den Amerikanern, die Taliban. Das Land wurde aber nie vollständig von ihnen befreit. In den Verhandlungen zur Übergangsregierung waren Frauen nicht zugelassen. Afghaninnen waren dann später an der Ausarbeitung mehrerer Artikel in der Verfassung von 2004 beteiligt, die sich mit der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen befassten und sie kämpften für die Präsenz der Frauen im Parlament. Dank ihrer Kraftanstrengungen konnten die Afghaninnen wenigstens 17 Jahre lang ihre Rechte und Pflichten im Rahmen dieser Verfassung wahrnehmen. In den folgenden Jahren arbeiteten viele Frauen im Justiz- und Frauenministerium, in Banken, im Gesundheitsbereich und als Lehrerinnen. Und es waren vor allem Frauen, die im Land Medien leiteten und gestalteten. Frauen konnten in den größeren Städten ein relativ freies Leben führen und hier ist es nun eine ganze Generation, die emanzipiert aufgewachsen, gebildet ist und partizipieren will. Für Frauen am Land dagegen, in den toxischen patriarchalen Familienstrukturen lebend, hat sich nach wie vor kaum etwas verändert.

Nach dem überstürzten und fahrlässigen Abzug der internationalen Truppen im August 2021 kamen die Taliban sofort wieder an die Macht und errichteten ein totalitäres, gewalttätiges, islamistisches Regime, das Frauen lebensbedrohliche Verbote und massive Einschränkungen auferlegt, was Eigenständigkeit, Berufsausübung, Bildung und Mobilität betrifft. Frauen dürfen seither nur mit männlicher Begleitung auf die Straße, dürfen nicht in Parks gehen, dürfen nicht mehr in den Ministerien, Spitälern und Universitäten arbeiten. Das Frauenministerium wurde geschlossen und in den Sitz der Religionspolizei umgewandelt, der den Namen Ministerium für Gebet und Orientierung sowie zur Förderung der Tugend und zur Verhinderung von Laster trägt. Frauen werden entführt, – der Weg zu den wenigen möglichen Arbeitsplätzen ist für sie mittlerweile so gefährlich, dass sie oft im Haus bleiben. Bildung für Mädchen ist nur mehr bis zum 12. Lebensjahr erlaubt. Wieder werden heimliche Schulen für Mädchen unter großer Gefahr eingerichtet. Protest kann den Tod bedeuten. Die Taliban werden jetzt von Pakistan und von Saudi-Arabien unterstützt, auch Katar gehört dazu.
Die größten Probleme sind aktuell Müttersterblichkeit, Kindersterblichkeit und Hunger. Es ist kaum möglich, aus dem Ausland mit den Frauen in Afghanistan Kontakt aufzunehmen oder einzelne Gefährdete nach Europa in Sicherheit zu bringen. Sogar den Afghaninnen, die es nach Pakistan schaffen, ist eine Ausreise in Drittstaaten nicht möglich, weil sie keine Papiere dafür bekommen können. Im Gegenteil – sobald sie dort als „Illegale“ erkannt werden, müssen sie nach Afghanistan zurückkehren. Wir hören davon, dass die Anzahl der Suizide von Afghaninnen steigt.

Ilse Wieser


»Die Frauen sind Eigentum, Druckmittel oder Alibi, um ein von Männern dominiertes politisches Handeln zu rechtfertigen.« Shikiba Babori

Buchbesprechung
Shikiba Babori: Die Afghaninnen. Spielball der Politik. Campus Verlag,

 
Der Fokus des überaus gut strukturierten und informativen Buches der Journalistin und Ethnologin Babori liegt auf dem rhetorischen Versprechen der Invasoren der letzten vierzig Jahre, die Frauen Afghanistans zu „befreien“. Ob das die Sowjetarmee (1978-1989) oder die Nato-Verbündeten (2001-2021), – die Amerikaner, die Deutschen, auch NGOs, – waren: zu den Begründungen der kriegerischen Überfälle, die Intervention, Befreiung, Operation, Befreiungskampf genannt werden, zählt(e) immer die Beendigung der Unterdrückung der Frauen.
 Keiner der „frauenbefreienden“ Invasoren – Sowjets, Amerikaner – war aber bereit, Frauen in ihre Verhandlungen, Regierungsbildungen, in den strukturellen Aufbau des Landes einzubeziehen. Jedes Mal kämpften die Afghaninnen um Beteiligung, – bei den Sowjets, bei den Amerikanern. Wir wissen davon und von ihren Hoffnungen ausschließlich von den Frauen selbst. # Das Buch beschreibt den Skandal, dass das Narrativ der Frauenbefreiung den Invasoren dazu diente, den Verbleib fremder Truppen zu rechtfertigen und letztlich ihre geopolitischen Interessen zu etablieren.
 Die heimischen Frauenrechtsorganisationen wurden und werden kaum gehört. Das Narrativ der unterdrückten Afghaninnen verstellt den Blick auf die schon bestehenden Anstrengungen und Erfolge der Afghaninnen, Frauenrechte, Bildungsrechte, Besetzung von Schlüsselpositionen einzufordern. Babori nennt viele bedeutende Aktivistinnen und Sprecherinnen, deren Stärke sehr einflussreich war und ist. Sie prangert die gedankenlose internationale Politik an, dass u.a. die Gelder, die der Frauenförderung zugedacht waren, ohne Bedingungen an die jeweiligen Regierungen ausbezahlt wurden, wo sie großteils versickerten und Korruption damit gefördert wurde.
Das komplexe Stadt-Landgefälle, die Isolierung der zentralen Regierungen in Kabul, die Macht der regionalen Clans und ihrer informellen Gesetzgebung, die Macht der toxisch-patriarchalen Familie, die Mehrheit der Paschtunen und die Minderheiten – vor allem der grausam verfolgten Hazaras –  seit dem unmenschlichen Bürgerkrieg der Mudschahedins ist eine Verrohung der Menschen, mehrheitlich der Männer zu beobachten, – das alles betrifft vor allem die Frauen. Es genügt nicht, Gesetze einzuführen, sondern sie umzusetzen. All das wurde in den 21 Jahren der Besetzung von Nato und ihrer Verbündeten nicht berücksichtigt. Frauen setzten große Hoffnungen in die westlichen Länder, ihre Anliegen wirklich zu unterstützen, und nicht nur davon zu reden. Und immer wieder wurden sie enttäuscht.
Frauenrechte sind ein Spielball der Politik mit einem AN/AUS Schalter. Die CIA instrumentalisierte bewusst die Afghaninnen als ideale Botschafterinnen zum Verbleib der internationalen Truppen. Die größte Angst der Frauen in Hinblick auf einen Abzug war, dass das globale Interesse an Afghanistan verloren gehen könnte. Babori wirft dem Westen vor, dass die Frauen als PR-Instrument benutzt werden, auch mit Fotos. Wir im Westen schauen hin, wenn es gilt, westliche Interessen in einem Land umzusetzen und schauen weg, wenn ein Land aufgegeben wird, wie Afghanistan im Sommer 2021. Die Frauen verloren mit dem Sieg der Taliban alle erkämpften Freiheiten. Es herrscht Hunger, Armut, Mangel an ärztlicher Versorgung und Isolation. Sogar das Lachen ist verboten.
Aber die Afghaninnen haben eine reiche Geschichte des Widerstands und der politischen Partizipation. Babori ist sicher, dass sie ihre Stimme wieder erheben werden. Ohne internationalen Druck wird die Gewalt dennoch nicht aufhören und es gibt eine Verpflichtung der westlichen Staaten zu uneigennütziger Unterstützung!
 
Ilse Wieser


Die vielfach ausgezeichnete Auslandsreporterin Antonia Rados bereist seit über 40 Jahren Afghanistan. Sie war mittendrin: von der Zeit der sowjetischen Besatzung über den Bürgerkrieg zwischen Milizen und der ersten Herrschaft der Taliban bis zum „Krieg gegen den Terror“ und dem westlichen Einsatz ab 2001.

Auf dutzenden Reisen erkundete sie Hintergründe und Vorgänge, die im Westen oft verborgen bleiben, sprach mit Kriegsherren, Stammesführern und Präsidenten, übernachtete bei afghanischen Familien und erlebte Gastfreundschaft ebenso wie Angst vor Entführungen.
Seit dem Sturm der Taliban und dem Rückzug des Westens fragen sich viele: Wie konnte es dazu kommen? Rados zeigt: Das Debakel begann viel früher. Ihr tiefer Einblick in das Land macht deutlich, warum Afghanistan zum Schlachtfeld der Weltpolitik wurde – und mehr mit uns zu tun hat als oft angenommen.

Klappentext


Sowohl anhand von Gesprächen, die sie mit Afghaninnen hier und vor Ort geführt hat, als auch mithilfe ihrer eigenen Familiengeschichte gibt Waslat Hasrat-Nazimi einen Einblick in den Kampf afghanischer Frauen gegen die systematische Unterdrückung. Sie erzählt von ihren Hoffnungen und Ängsten, von Mut, Verzweiflung und Stärke – eine emanzipierte Perspektive auf die Frauen Afghanistans.

Buchbesprechung
Waslat Hasrat-Nazimi: Die Löwinnen von Afghanistan Rowolth Verlag

Was ist unsere Sicht auf Afghanistan? Verschleierte Frauen, Terroranschläge, Berichte in den Medien, dass Mädchen nicht mehr in die Schule gehen dürfen? Lt. „Peace and Security Index 2021/2022 der Georgetown University ist Afghanistan das unsicherste Land der Welt für Frauen.Waslat Hasrat-Nazimi hat ein Buch geschrieben, das sich mit dem Leben der Frauen in ihrer Heimat Afghanistan beschäftigt.
Sie selbst floh 1992 im Alter von 4 Jahren mit ihren Eltern und ihren beiden jüngeren Schwestern nach Usbekistan, und von dort weiter bis Deutschland. Die Familie wollte für 6 Monaten weggehen bis sich die Lage wieder beruhigt hätte, aber es wurden Jahre bis sie wieder nach Afghanistan einreisen konnten.
Heute ist Hasrat-Nazimi 35 Jahre alt und leitet die Afghanistan-Redaktion der Deutschen Welle.
Das Buch ist im Herbst 2022 erschienen, seither hat sich die Lage der Frauen in Afghanistan weiter verschlechtert.
Kurz nach der Flucht der Familie erschütterte ein blutiger Bürgerkrieg das Land. Über 100000 sowjetische Soldaten waren 3 Jahre zuvor aus Afghanistan abgezogen. Sie hatten im Kampf gegen die Guerillatruppen der Mudschahedin aufgegeben, die im Namen des Islam und mit der Unterstützung der USA gegen sie kämpften. Der Abzug nach 10 Jahren Besatzung reichte den Mudschahedin nicht, sie wollten auch die kommunistische afghanische Regierung unter dem Präsidenten Mohammed Nadschibullah stürzen. Das anschließende 1. Taliban-Regime dauerte bis 2001.
2001 reagierten die USA auf den Terroranschlag auf das WTC vom 11.9.2001 mit dem Einmarsch in Afghanistan, es war eine Aktion gegen die Taliban, da bei ihnen angeblich der Terrorchef Osama bin Laden Zuflucht gefunden hatte. Im November 2001 sagte Laura Bush, damals First Lady Amerikas, der amerikanischen Öffentlichkeit, dass der Einmarsch in Afghanistan neben dem Kampf gegen den Terrorismus auch ein Kampf für die Rechte der Frauen sei. Das perfide ist aber, dass die USA zuvor im Kampf gegen den Kommunismus eng mit Bin Laden zusammengearbeitet hatten und die Alkaida und die Mudschahedin finanziell unterstützt hatten. In einem Zeitungsartikel von 1993 in den USA wurde Osama bin Laden noch als Freiheitskämpfer gegen die rote Armee inszeniert. Im Übrigen wurde Bin Laden 2011 in Pakistan gefunden…
Es ist anzunehmen, dass es den USA weniger um die Frauenrechte als um eine strategisch günstige Position in der Nähe Russlands ging.
Die 2.Machtübernahme der Taliban erfolgte am 15.August 2021. Was folgte war eine überstürzte Evakuierungsaktion westlicher Nationen, wir alle haben noch die Bilder vom Flughafen in Kabul vor Augen mit Menschen, die auf dem Fahrwerk und den Flügeln von Flugzeugen sitzen.
Die westlichen Organisationen verließen nach 20 Jahren Engagement das Land so wie sie es vorgefunden hatten, im Chaos! Die Taliban, die die USA 2001 gestürzt hatten waren wieder da und saßen an der Macht. Die westlichen Mitarbeiter konnten zum großen Teil fliehen, aber die Afghanen, die ihnen bei ihrer Arbeit geholfen hatten, hatten zum größten Teil nicht die Möglichkeit zu fliehen. Die USA handelten mit den Taliban (!) einen Deal aus, dass der Flughafen noch für 2 Wochen zum Ausfliegen offen war, dann war am 30.12.2021 um Mitternacht Schluss.
Warum sind in Afghanistan die patriarchalen Strukturen so gefestigt?
Es gibt mehrere Gründe:
Die Landwirtschaftliche Struktur, 70% der Afghanen leben am Land, 4-5% sind Nomaden und nur 24% leben in Städten. Das macht die Gesellschaft so starr, weil neue moderne Ideen nicht zu den Menschen durchdringen. Dabei gab es 2 Versuche in der Vergangenheit, das Land zu modernisieren. Nach der Unabhängigkeit von Britisch Indien gab es 1919 einen Versuch das Land zu modernisieren, z. B.: wurde die Pflicht für die Frauen einen Schleier zu tragen von König Amanullah abgeschafft.
Es gab jedoch sofort blutigen Widerstand in den ländlichen Regionen gegen diese Modernisierung. (Anmerkung: zur selben Zeit, nämlich 1923 bis 1938, wirkte der große Reformer Atatürk als Präsident der Republik Türkei).
Den 2. Versuch gab es in den 1970ern unter der kommunistischen Regierung, das wiederum führte zum Erstarken der Mudschahedin, die die Forderung nach Gleichberechtigung als Bedrohung für die vorherrschende Tradition empfanden.
Aber es ist nicht allein die Religion ein Faktor (99%sind Muslime), es sind die soziokulturellen Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Mann und Frau, die mit dem Islam gerechtfertigt werden. Der Islam beschreibt aber Mann und Frau gleich, in Afghanistan wird das aber so interpretiert, dass die vorherrschenden Stammestraditionen gestützt werden.
Die prägende Volksgruppe sind die Paschtunen (ca. 40% der Afghanen) mit ihrem Ehrenkodex dem „Paschtunwali“. Nach dem Paschtunwali müssen Frauen ehrsam, fromm, gastfreundlich, opferbereit etc. sein. Die Taliban sind nicht die Einzigen, die diesen Ehrenkodex mit streng ausgelegten islamischen Prinzipien vermischen, aber sie sind die ersten, die das erfolgreich tun, indem sie die Frauen komplett aus der Öffentlichkeit verbannen. Und sie machen das jetzt wesentlich subtiler als bei ihrer 1.Machtübernahme, sie machen es nun in kleinen Schritten, zuerst dürfen Frauen mit Männern nicht mehr gemeinsam im Park spazieren gehen (März 2022), dann dürfen sie nicht mehr in ein Restaurant gehen (Mai 2022), dann dürfen Taxifahrer sie nicht mehr mitnehmen….
Die Ideologie der Taliban entspricht nicht der afghanischen Kultur, weil sie auf einem ultraorthodoxen, südasiatischen Islam basiert. Aber im Prinzip ist ihre Ideologie in den traditionellen paschtunischen Gebieten nichts Fremdes.
Die Taliban bestehen mehrheitlich aus Mitgliedern der paschtunischen Elite, heißt aber nicht, dass alle Paschtunen die Ideologie der Taliban teilen.
Das Talibanregime reiht sich in eine lange Kette von Gewalt ein, zuerst die Kommunisten, dann die Mudschahedin, dann die Taliban.
Wie kann man die Frauen in Afghanistan unterstützen?
Weiße Feministinnen popagieren ein Frauenbild nach westlichem Standard, alles was diesem Bild nicht entspricht, wird als unzivilisiert und fundamentalistisch gebrandmarkt.
Dabei werden in den USA Ehen Minderjähriger bei den Mormonen akzeptiert, in Afghanistan werden sie vom Westen nicht akzeptiert.
Tatsache ist: 28% der Frauen in Afghanistan zwischen 15 und 49 Jahren wurden vor dem 18.Lebensjahr verheiratet, allerdings waren Ehen bis 2021 erst ab 16 Jahren erlaubt, das wurde jetzt von den Taliban aufgehoben. 2018 waren 70% der erwachsenen Frauen Analphabeten. Andererseits waren es über 50% Frauen, die die Aufnahmsprüfung an der Universität in Herat geschafft hatten. Das war allerdings bevor die Taliban das 2.Mal die Macht übernahmen.
Die 1977 gegründete afghanische feministische Revolutionary Associaton oft the Women of Afghanistan (RAWA) wandte sich schon während der 1.Taliban Herrschaft am Feminist Majority, eine der größten Feministischen Organisationen in den USA um Unterstützung. Erst als die RAWA begann mit Feminist Majority zusammenzuarbeiten, wurde ihr international Gehör geschenkt. Die RAWA betrieb Schulen und Krankenhäuser. Aber die Feminist Majority machte sich immer wichtiger. Als Colin Powell Bombenangriffe auf Afghanistan verkündete, waren Vertreterinnen der Feminist Majority im Weißen Haus anwesend. Die Vertreterinnen der RAWA waren gegen die Bombenangriffe…Ein Ende fand die Zusammenarbeit, als in einem 11seitigen Artikel die Feminist Majority als treibende Kraft hinter der Einbindung afghanischer Frauenrechte in die Außenpolitik dargestellt wurde, die RAWA wurde mit keinem Wort erwähnt. Es gibt immer wieder großartige Frauen in Afghanistan, die sich für ihr Land einsetzten. Spätestens seit der 2.Machtübernahme der Taliban sind die Errungenschaften einzelner Frauen komplett ausradiert worden.
Hazrat-Nazimis Hoffnung ist, dass die Taliban daran scheitern werden, dass sie mit den Frauen 50% der Bevölkerung vom Erwerbsleben ausschließen, so kann eine Wirtschaft nicht funktionieren. Afghanistan ist ein junges Land, auch dort sehen junge Leute durch die Medien, was anderswo auf der Welt möglich ist…
Ein realistisches Bild von Afghanistan haben wohl die, die zuletzt in Afghanistan waren, die NGOs, die Journalisten, die Militärs der NATO-Staten. Jede Gruppe hat versucht den Menschen zu ihrem Recht, zu Frieden, Bildung zu helfen. Der Fehler war wohl die mangelnde Einbindung der Bevölkerung, das Verkennen der tradierten Strukturen, das Aufdrängen westlicher Vorstellungen von Emanzipation und Freiheit, auch die Instrumentalisierung des Konflikts für eigene wirtschaftliche Interessen.
Wie kann die Zukunft aussehen? Afghanistan ist aufgrund seiner Lage und seiner Bodenschätze von globalem Interesse.
Wo sind die Rechte der Afghaninnen? „Sie sind auf den Straßen Afghanistans, also werden sie dort auch erstritten werden“, sagt die Frauenrechtlerin Farah Mustafawia. Sie und ihre Mitstreiterinnen hätten aus dem Ausland finanzielle Unterstützung angeboten bekommen, diese aber abgelehnt, denn mit dem Geld waren immer Bedingungen verknüpft, wie eine bestimmte politische Gruppe zu unterstützen. Was sie sich wünschen, ist, dass ihre Stimme gehört wird, auf UN-Konferenzen oder im EU-Parlament. Aber es sollten afghanische Frauen sein, die dort sprechen.
Humans Right Watch (HRW) hat konkrete Forderungen afghanischer Frauen zusammengetragen, dazu gehört auch, der positiven Behandlung der Taliban-Vertreter im Ausland ein Ende zusetzten. Gespräche mit ihnen sollen stattfinden, es darf ihnen aber keine mediale Plattform geboten werden. Bei der Unterstützung von Bildungsprojekten muss genau hingeschaut werde, ob sie nicht Mädchen diskriminieren. Eine der Forderungen ist auch, die in den USA eingefrorenen Gelder freizugeben, da die Bevölkerung hungert. Mittel- und langfristig muss nicht nur Nothilfe geleistet werden, es muss den Menschen geholfen kleine Unternehmen zu gründen, das kann die internationale Gemeinschaft leisten, ohne die Taliban anzuerkennen.
Nicht vergessen dürfen wir die geflohenen Afghaninnen und Afghanen, ihnen bei Behördenwegen zu helfen, sie möglichst schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ist wichtig. Waslat Hasrat-Nazimis Buch gibt einen sehr guten Einblick in die Kultur und Geschichte Afghanistans. Afghanische Frauen verdienen unseren Respekt und eine Begegnung auf Augenhöhe.

Barbara Strenitz



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