Hast du das schon gehört? Die permanente Aufmerksamkeit. Von Monika Salzer

Menschen, die in sozialen Organisationen arbeiten, in der Zivilgesellschaft aktiv sind oder einfach nur empathisch an den aktuellen Entwicklungen der Welt und speziell an denen im eigenen Land teilnehmen, außerdem noch im engen Kontakt mit Familie und Freundeskreis sind, erwartet heute eines: Erschöpfung oder Müdigkeit. Ein süchtiges Haschen nach den neuesten NEWS, woher auch immer, Informationen im Sekundentakt, eine andauernde Reizüberflutung in den sozialen Medien und ein Gefühl des Ausgeliefertseins durch Corona und ökologische Krisen sind keine guten Grundlagen, Tage mit Kraft und Zuversicht zu beginnen oder zu enden. 

Zu oft lässt man sich erschöpft ins Bett fallen, weil die Batterien leer sind, absolut leer. Was dabei zu kurz kommt, ist die Aufmerksamkeit auf sich selbst, das bei sich Sein, sich mit sich auseinanderzusetzen und das Wesentliche zu sehen. Es ist viel Angst da in Zeiten wie diesen. Die wird nicht kleiner, wenn man sich dem gesamten negativen Info-Müll hingibt, ja fast sklavisch Facebook, Twitter, Instagram usw. als „Morgengabe“ konsumiert und sich dann wundert, wo die Kraft geblieben ist.

Das gesellschaftliche Engagement in der Zivilgesellschaft findet gerade dort statt, wo staatliche Institutionen versagen oder nicht genügend tun. Es zieht Menschen an, die sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt verantwortlich fühlen und denken, dass ihr Beitrag wesentlich ist, um das Unrecht zu besiegen, den Gap auszufüllen, die Not allerorten lindern zu helfen. So wie die OMAS GEGEN RECHTS, die blinde Flecken in der Gesellschaft im Bereich von Rechtsradikalismus, Antisemitismus, Rassismus u.a. wahrnehmen und ihren Beitrag dazu leisten wollen, das Klima zu verbessern, die Demokratie zu stärken, der Jugend Hoffnung zu geben, dass nicht alles ein ausgemachter Shit der Erwachsenen ist.

In diesem Dilemma befinden sich viele, hin- und hergerissen zwischen Verantwortung, Teilhabe und dem Gefühl, dass sie nicht mehr können. Vielleicht hat es auch etwas mit Vertrauen zu tun: Wenn ich aussteige, vielleicht steigt eine andere/ein anderer ein. Sich Zeiten zu gönnen oder Tage, die ich einem Spaziergang, einem Buch, einem Bad oder Freunden widme, statt schon wieder im Internet zu hängen, macht frei. So oft dieses Wort in letzter Zeit von rechter Seite missbraucht wurde, so sehr brauchen engagierte Menschen ab und zu diese Entscheidung: heute nicht. 

Die OMAS GEGEN RECHTS haben nun seit September 2020 die „Mahnwache für Menschen in den Flüchtlingslagern am Rande Europas“ am Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt oder am Minoritenplatz vor dem Aussenministerium abgehalten. Die Mahnwache zeigte Wirkung. Vorbeigehende und die Polizei waren beeindruckt von der Zähigkeit, der Ausdauer und der Entschlossenheit der OMAS. Die Mahnwache gehörte nicht zu diesen erschöpfenden Tätigkeiten, sie machte stark. Viele hatten das Gefühl, einen wertvollen Beitrag zu leisten. Natürlich wollen die OMAS darüber reden und auch öffentlich ihre Arbeit bekannt machen. Das ist aber etwas ganz anderes als das Haschen nach der täglichen Aufgeregtheit. Widerstand braucht einen langen Atem.