Europafest, Wien Wieden, 19.8.2020

Lieber Leon de Castillo, wir danken Dir sehr herzlich, lieber dass Du uns zu einem OMAS-Rave eingeladen hast. Ja, wir sind Europäerinnen und Europäer, wir sind Teil der europäischen Kultur – wenn man von so einer reden kann -, wir sind Teil der Geschichte Europas und all seiner wunderbaren und grauenhaften Seiten. Wir sind auch WienerInnen und als solche mehr Europa als Österreich, näher Berlin und Paris als Ischgl oder Hintertux. Wir leben in der lebenswertesten Stadt der Welt und wir wollen sie für unsere Kinder bewahren. 

Wir sind Teil des Humanismus und Teil des Faschismus, wir sind Teil von Friedensprojekten und Teil derjenigen, die zwei Weltkriege begonnen haben, wir sind Teil der großen PhilosophInnen, MusikerInnen und SchriftstellerInnen und Teil der Bücherverbrenner. Das Erbe Europas ist unser Erbe. Wir OMAS GEGEN RECHTS setzen uns damit auseinander, wobei wir wissen, dass die Vision von Europa auch ein Konstrukt ist. Bei näherem Zusehen nährt es sich auch von Egoismen, Einzelinteressen, Nationendenken.

Für mich war Europa immer mit der Aufklärung verbunden, mit der Erkenntnis, dass nach dem Wahn der Gefühle die Vernunft siegen kann, das Aushandeln von Kompromissen mit Vernunft gelingt und es nichts Besseres gibt als die liberalen Demokratien. Am Ende steht die Demokratie da als Bollwerk gegen die Dummheit. Diese will wieder einziehen in unsere Kultur. Wer HC Strache in der ZIB2 diese Woche gesehen hat, konnte sich ein Bild machen davon, wie die Dummheit, Unverschämtheit und der mangelnde Anstand Europa aushöhlen wollen. Seine Reden erinnern an die von gespaltenen Persönlichkeiten, die sich nicht mehr an ihre Tat erinnern können.

Die von mir so geschätzte Aufklärung hatte allerdings auch ihre Schattenseiten, die bis heute fortwirken: ein unverhohlener Rassismus bei Immanuel Kant, der dem afrikanischen Menschen das Menschsein an sich abspricht, und kein wirklicher Kampf gegen den Antisemitismus.

Aber es bleibt: 

Wir wissen, dass uns Europa schützen kann vor einem kleingeistigen Österreich, das immer wieder die Intelligenz aus dem eigenen Land vertrieben hat. Jetzt erleben wir wieder, wie die Kräfte gegen die Aufklärung wirken. 

Die zarte Hoffnung, die mit der Durchsetzung der Demokratie immer verbunden war, beschreibt Leonhard Cohen in seinem Lied „Democracy“:

Ich bin sentimental, wenn Sie wissen was ich meine
Ich liebe das Land, aber ich kann nicht in die Szene
Und ich bin weder links oder rechts
Ich bleibe nur heute Abend zu Hause
Verloren in diesem hoffnungslosen kleinen Bildschirm
Aber ich bin stur wie die Müllsäcke
Diese Zeit kann nicht zerfallen
Ich bin ein Junkie, ich bin immer noch in Betrieb
Diesem kleinen wilden Bouquet
Demokratie kommt in die USA